Amoy oder Xiamen?
Hier
meine Übersetzung eines Textes von Dr. William N. Brown, einem Kollegen aus der
Universität, der diese Frage in seinem Buch „Amoy Magic – A Guide to Xiamen“
sehr unterhaltsam beantwortet hat. Er dient mir immer wieder als Inspiration
und Argument, wenn ich all die anderen „veralteten Begriffe“ für Städte und
Dinge aus Asien benutze wie „Mukden“ statt Shenyang, „Szetschuan“ statt
Sichuan, „Sun Yatsen“ statt Sun Zhongshan, „I-Ging“ statt Yijing u.v.a.m. mit
denen ich oft die hochgezogene Augenbraue ernte. Das Original befindet sich hier.
Vorab: "x" spricht man ungefähr wie "ch" in "ich" aus oder für Freunde des IPA: [ɕjâmə̌n].
Warum
Amoy?
Nach
einer Vorlesung vor dreihundert Studenten in Zhangzhou (einer kleineren Stadt
weiter im Inland der Provinz, Anm.d.Ü.) sprang ein Jugendlicher mich an und
forderte „Warum sagen Sie ‚Amoy‘? Warum nicht ‚Xiamen‘? Na? Na?“ Und er
durchbohrte mich mit dem Blick eines Rotgardisten, der drauf und dran war einem
Lehrer eine Büßerkappe mit den Worten „altes Gedankengut“ aufzusetzen.
Viele
Chinesen fragen das, aber selten derart empört. Also sagte ich „Warum sagen die
Chinesen ‚Jiu Jinshan‘ statt ‚San Francisco‘? Na? Na?“ „Weil Chinesen ‚San
Francisco‘ nicht aussprechen können!“ entgegnete er scharf.
„Na
also.“ sagte ich.
Der
Name „Amoy“ entstand nach dem ersten Opiumkrieg (1839-42), als Xiamen gezwungen
wurde ein Vertragshafen zu werden. Ein Ausländer fragte einen Zollbeamten aus
Fuzhou welchen Namen die Insel habe und ihm wurde im lokalen Dialekt gesagt,
dass sie „Ah Mo“ heiße (wie „Amen“ durch die Nase gesprochen). „Amoy“ war die
beste Annährung, die die Ausländer hinbekamen und selbst heute bezeichnen die
Überseechinesen es noch als „Amoy“ und Chinesen in ganz Asien sprechen nicht
Minnan-Dialekt (die hier in der Provinz Fujian gesprochene Mundart, Anm.d.Ü.)
sondern „Amoy-Dialekt“.
Ich
selbst ziehe es vor, wenn Ausländer lernen Xiamen zu unserer Insel zu sagen,
ich aber benutze Amoy in meinem Buchtitel weil 1.) Xiamen nachwievor schwer für
Ausländer auszusprechen ist, 2.) selbst Überseechinesen Xiamen „Amoy“ nennen,
und 3.) für diejenigen mit auch nur einem Hauch Wissen über asiatische
Geschichte, das Wort „Amoy“ exotische Bilder und Geschichten weckt. Die Welt
verwendet „Amoy Sojasoße“ nicht Xiamen Sojasoße. In Hong Kong hatte die
Vogelgrippe ihren Ausbruch in den „Amoy Gardens“ nicht in den Xiamen Gardens. Und
nicht zuletzt trägt das lateinische Siegel der Universität Xiamen, die nicht
von Ausländern sondern Überseechinesen gegründet wurde, die Inschrift
„Universitas Amoiensis“ – nicht Universitas Xiamenensis.
Somit
ist Amoy nicht der sprachgewordene Fußabdruck des ausländischen Imperialismus.
Amoy ist so sehr ein chinesisches, wie es ein ausländisches Wort ist und es
klingt viel mehr nach „Ah Mo“ als „Jiu Jinshan“ nach San Francisco, also kommt
mal runter. Jedoch, aus Achtung für meine chinesischen Gastgeber, benutze ich
persönlich für unsere Insel Xiamen, nicht Amoy.
Der
Minderheit, die noch immer an meinem gelegentlichen Gebrauch von Amoy Anstoß
nimmt, werfe ich den Fehdehandschuh hin. Wenn die Chinesen anfangen
„Washington“ statt „Huashengdun“ oder „California“ statt „Jialifuniya“ oder gar
„Jiazhou“ zu sagen, werde ich Amoy aus meinem Wortschatz streichen. Bis es aber
soweit ist – macht Euch locker und seid froh, dass Besucher aus allen Herren
Ländern in Scharen auf unsere Insel kommen, egal wie wir sie nun nennen. Und…
Enjoy Amoy!
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