Nicht doch, nicht doch, nein das ist nicht Acid-Adolf, das
ist eine typische, traditionelle Maske für die Rolle eines chinesischen Clowns innerhalb
der Peking Oper! Der Clown ist für mich nämlich die Lösung für eine Frage, die
sich mir hier oft stellt:
In welcher Situation würden Deutsche mich so beäugen, wie es
Chinesen hier tun?
Dieser chinesische Blick ist so schwer zu beschreiben, dass
ich nach einer vergleichbaren Situation suchte. Ich kam hierauf:
Man ist beim Bäcker, im Kaufhaus oder in einem Café,
irgendwo Alltäglichem, wo man normaler Mensch ist. Da kommt plötzlich ein Zirkusclown
rein. So ein richtig typischer, europäischer Spaßmacher in voller Montur mit
roter Pingpongballnase, Halbglatze und buntem Haarkranz, kreideweiß
grundiert, überschminkten Augen und großem
Mund, übergroßen Schuhen und Tröte. Und nun stellt sich dieser Clown mit an
beim Bäcker, kauft ein Brot, setzt sich mit hin und trinkt einen Kaffee, wartet
auf den Bus, bezahlt an der Kasse oder erkundigt sich am Schalter, ohne zu tun was ein Clown sonst so tut.
Wie würden wir schauen? Wie würden wir reagieren?
Ich denke, einige würden versuchen cool zu bleiben, sich nichts anmerken lassen, könnten sich aber
des neugierigen Blickes nicht enthalten und immer wieder verstohlen
hinüberschauen, andere wiederum wären schlicht erstaunt, könnten den Blick
nicht abwenden und rätselten, was dieser Typ hier macht, gerade in dem Aufzug ohne Spaß zu machen. Manche würden vielleicht auch nur starren in Erwartung
einer Einlage.
Nun fängt der Witzbold auch noch an normal zu sprechen oder
sogar einen selbst anzusprechen!
Da könnte es sein, dass einige hektisch-ängstlich abwinkend
die Flucht ergriffen, weil man ja nicht wüsste was der will und ja nicht Opfer
seiner Clownerie werden wollte. Andere wiederum fänden Zirkus interessant und
Clowns lustig und würden sogar die Initiative ergreifen.
Nun, so geht es dem Ausländer der das Zentrum der großen
Städte verlässt. Er erregt Aufmerksamkeit und erntet die oben beschriebene Fülle an Reaktionen, gerade wenn er weiß ist und blaue Augen
hat. Eigentliche eine tolle Eigenschaft der
Chinesen, dass sie grundsätzlich sehr fremdenfreundlich sind. So bekommt man
eine Ahnung davon, wie es sein muss ein Star zu sein. Man lernt zu ignorieren wie ein Zootier begafft und ungefragt fotografiert zu werden, Überschreitungen der Grenzen des Körperkontakts
hinzunehmen, man lernt Gefallen auszuschlagen, Konversationen zu unterbinden, vollkommen
übertriebene Komplimente anzunehmen, sich wegzuducken, die Flucht zu ergreifen
und sich strunzdumm zu stellen. Sie meinen es ja gut, darf man nicht vergessen.
Sie sind interessiert und zeigen aufrichtig auf ihre Weise ihre Neugier. Das
ist auch mutig, finde ich. Wenn man aus einem Land wie Teutonien kommt, dass man sozial
durchaus als Eisschrank und hinsichtlich Integration als ziemlich insuffizient
bezeichnen kann, ist das schon ein brutaler Bruch, aber als Kultur eine
Errungenschaft.
Bei aller Nettigkeit, es hat natürlich den Nachteil, man ist
nie Mensch. Der abendländische Abstand, das öffentliche Desinteresse und die
Nüchternheit des Umgangs geben ja auch Raum, Privatheit und Anonymität, alles Konzepte,
die hier ganz anders ausgeprägt sind.
Und so erfahre ich an mir selbst ein weiteres Beispiel das Eigene im Fremden zu erkennen.